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Yersinien: Bakterien können gefährliche Krankheiten auslösen


Yersinien
Mark (6) und Felix (4) infizierten sich im Urlaub mit Yersinien

t-online, Simone Blaß

04.12.2013Lesedauer: 4 Min.
Statt sich im Urlaub zu erholen, fingen sich Mark und Felix eine Yersinien-Infektion ein.Vergrößern des BildesStatt sich im Urlaub zu erholen, fingen sich Mark und Felix eine Yersinien-Infektion ein. (Quelle: privat)
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Es war, wie man sich Urlaub vorstellt. Die Sonne schien, das Meer schillerte in den tollsten Farben, das Buffet war fantastisch - Michaela und Jakob Gruber hatten lange gespart, um sich diese "schönste Zeit im Jahr" mit ihren vier- und sechsjährigen Jungs zu leisten. Doch dann machten der Familie Bakterien einen Strich durch die Rechnung: die Yersinien - verwandt mit der Pest.

Der Urlaub fing schön an: Ein entspannter Tag am Strand und abends ein Restaurantbesuch statt selbst kochen zu müssen. Mark und Felix genossen es in vollen Zügen, das Kinderbuffet zu plündern und sich mit Pommes, Chicken Wings und Limo den Bauch voll zu schlagen. Es verwunderte die Eltern daher auch nicht, als bei dem vierjährigen Felix nachts die ersten Bauchschmerzen auftraten. "Wir haben uns da erst mal gar nichts dabei gedacht. Schließlich essen die Jungs daheim sonst nicht so fett", erzählt Michaela. "Als dann Fieber dazu kam, kam die Befürchtung auf, es könnte vielleicht ein Sonnenstich sein." Die beiden riefen den heimischen Kinderarzt an und fragten um Rat. Der hielt die Diagnose durchaus für möglich und riet, das Zimmer abzudunkeln, auf Flüssigkeitszufuhr zu achten, das Ganze genau zu beobachten und wenn nötig, einen Arzt vor Ort hinzuziehen.

Energydrinks als Medizin?

Doch auf einmal ging es auch Mark richtig schlecht. Er bekam ebenfalls Fieber und dann begann bei beiden Brüdern ein heftiger Durchfall mit starken Bauchkrämpfen. Vater Jakob erzählt: "So einen Durchfall habe ich noch nie erlebt. Da hat sich wirklich das Innere nach außen gekehrt. Und dadurch, dass weder Michaela noch ich Beschwerden hatten, haben wir jetzt an eine Lebensmittelvergiftung oder Salmonellen gedacht und nun doch die Hotelärztin konsultiert." Die kam schnell und diagnostizierte trotz inzwischen hohem Fieber und Halluzinationen eine Magen-Darm-Grippe, die am nächsten Tag vorbei sein sollte. Sie empfahl Energydrinks und versprach, wiederzukommen. "Aber erstens halten wir Energydrinks bei kleinen Kindern nicht für die optimale Medizin und zweitens haben wir beide nicht mehr an eine normale Magen-Darm-Infektion geglaubt. Wir haben uns richtig Sorgen gemacht", erinnert sich Jakob.

Eingesperrt im Hotelzimmer

Dazu kamen die äußeren Umstände. "Das nimmt einen schon auch seelisch mit. Das stickige kleine Hotelzimmer, in dem wir zu viert ohne Ablenkung saßen und kaum zum Schlafen kamen, war genauso schlimm wie die Tatsache, dass draußen andere Familien fröhlich im Pool herumsprangen und wir dagegen dauernd dabei waren, neues Toilettenpapier heranzuschaffen und zu trösten. Abends lösten wir uns im Schnelldurchlauf beim Essen ab und besorgten etwas trockenes Brot und Getränke für die Kinder." Die allerdings so gut wie nichts zu sich nehmen wollten, geschweige denn etwas bei sich behielten. "Ich war ein paar Mal den Tränen sehr nahe. Schon allein wegen der Austrocknungsgefahr. Denn zumindest bei dem Kleinen waren schon erste Anzeichen zu erkennen, er pieselte kaum, seine Lippen waren extrem trocken und er war sehr schlapp."

"Ich wollte nur noch nach Hause"

"Ein kleines Kind, das krank ist, bedeutet ja immer eine Ausnahmesituation. Aber ein krankes Kind in einer fremden Umgebung und eine Ärztin, die zwar sehr nett ist, mit der man sich aber nicht optimal verständigen kann, das ist fürchterlich. Ich wollte nur noch nach Hause", beschreibt Michaela den Zustand. Den Vorschlag der Hotelärztin, es solle doch wenigstens ein Elternteil immer versuchen, sich in der Hotelanlage zu entspannen, haben die beiden zwar als gut gemeint verstanden, aber möglich war ihnen das nicht: "Das ist nicht unsere Art, das hätten wir nicht gekonnt."

Der Übeltäter: ein meldepflichtiges Bakterium

Drei Tage nach Krankheitsausbruch gelang es endlich, einen Rückflug zu organisieren. Felix war inzwischen so schwach, dass er nicht mehr laufen konnte. Zurück in Deutschland besserte sich der Zustand der beiden, doch bereits nach kurzer Zeit flammte die Infektion erneut auf. Erst jetzt stellte man aufgrund von Stuhlproben eine Yersinien-Infektion fest. Bakterien, die meldepflichtig sind, was auch das Gesundheitsamt auf den Plan rief. "Da erschrickt man ganz schön, wenn man plötzlich jemanden vom Gesundheitsamt am Telefon hat, der einem mitteilt, dass die Kinder von einem meldepflichtigen Bakterium befallen sind und auch der Kindergarten informiert wird."

"Das ist aber wichtig", erklärt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut, "dass man bei solchen Erkrankungen bundesweit einen Verlauf und eine mögliche Häufung beobachtet, um so früh genug entsprechend reagieren und eine Verbreitung vermeiden zu können."

Besonders Kleinkinder sind betroffen

In Deutschland werden derzeit pro Jahr im Durchschnitt rund 3000 Erkrankungen gemeldet, wobei es die meisten Neuerkrankungen bei Kleinkindern im Alter zwischen ein und drei Jahren gibt. "Das liegt daran, dass das Immunsystem von Kleinkindern noch nicht voll ausgereift ist", sagt Miriam Ewald vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Statistiken zufolge geht aber die Tendenz, an Yersinien zu erkranken, derzeit nach unten. Waren es zum Beispiel bei den bis Vierjährigen im Jahr 2001 noch rund 2500 Fälle, waren es im Jahr 2012 schon nur noch knapp 600. "Woran das liegt, kann man so noch nicht sagen", meint Glasmacher. "Möglicherweise am veränderten Elternverhalten, was zum Beispiel das Essen von rohem Fleisch angeht."

Übertragen wird von Tier auf Mensch

Denn die Bakterien, an denen Felix und Mark erkrankt sind, werden vom Tier auf den Menschen übertragen und nehmen dabei gerne den Übertragungsweg über rohes Schweinefleisch, zum Beispiel Mett. Aber auch Salate, Milchprodukte oder verunreinigtes Wasser können die Ursache sein. "Yersinien sind Stäbchenbakterien, zu deren Gattung drei Spezies gehören, die beim Menschen Infektionskrankheiten auslösen." Eine davon ist Yersinia pestis - der Erreger der Pest. "Die Krankheitsbilder, die von Yersinia enterocolitica und Yersinia pseudotuberculosis ausgelöst werden, heißen Yersiniosen."

Das sind Magen-Darm-Erkrankungen, die nicht nur Bauchmerzen, Fieber und Durchfälle verursachen, sondern zum Beispiel auch zu Langzeitschäden an den Gelenken führen oder Autoimmunerkrankungen auslösen können. In den meisten Fällen heilt die Infektion von alleine wieder aus. In schweren Fällen muss ein Antibiotikum gegeben werden. So wie bei Mark und Felix. Und ihrer Mutter, denn die lag nach exakt sieben Tagen mit grippeähnlichen Symptomen flach. Diagnose: Yersinien.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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