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Umgangsrecht: Bei Kontaktverweigerung droht Strafe


Bei Kontaktverweigerung droht Strafe
So wird der Umgang mit dem Kind nach einer Trennung geregelt

t-online, Silke Asmußen

12.01.2016Lesedauer: 6 Min.
Umgangsrecht: Getrennte Väter haben ein Recht auf regelmäßigen Kontakt zu ihrem Kind.Vergrößern des BildesGetrennte Väter haben ein Recht auf regelmäßigen Kontakt zu ihrem Kind. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Wenn Eltern sich trennen, wird der Umgang mit dem Kind oft zum Dauerkonflikt. Meistens ist es bei der Mutter und es muss eine Umgangsregelung für den Vater gefunden werden. Wer sich nicht an Vereinbarungen hält oder gerichtliche Regelungen boykottiert, riskiert eine Geld- oder Haftstrafe – und den Kontakt zum Kind.

2014 wurden in Deutschland 166.200 Ehen geschieden. Davon waren etwa 134.800 Kinder betroffen. Sie haben Anspruch auf regelmäßigen Umgang mit beiden Elternteilen – persönlich, aber auch per Brief, E-Mail oder Telefon. Im Umkehrschluss sind die Eltern zum Kontakt mit ihren Söhnen oder Töchtern verpflichtet. Dieses Umgangsrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert.

Eltern sind zum Umgang mit dem Kind verpflichtet

Seit 2009 gilt das Familienverfahrensgesetz (FamFG). Es schließt das Umgangsrecht des Kindes mit Großeltern, Stiefeltern, Pflegeeltern, Geschwistern und Halbgeschwistern ein. Das Bundesjustizministerium hat 2013 zudem die Rechte leiblicher, nicht rechtlicher Väter gestärkt. Seitdem haben auch biologische Väter gesetzlichen Anspruch auf Kontakt zu ihren Kindern.

Jugendamt unterstützt Ex-Partner bei Umgangsregelung

Wann und wie oft persönliche Besuche mit oder ohne Übernachtung stattfinden und wie lange die Vater-Kind-Treffen dauern, vereinbaren die Eltern bestenfalls direkt miteinander - wahlweise mündlich oder schriftlich. Dabei bieten die Jugendämter Hilfe an. Ist keine einvernehmliche Lösung in Sicht, können Umgangsberechtigte beim Familiengericht einen Antrag auf Regelung des Umgangs stellen. Bestandteil der Umgangregelung sind:

  • Turnus und Ablauf von Besuchswochenenden
  • Zeiträume in den Schulferien
  • Feiertage und Geburtstage, die das Kind mit den umgangsberechtigten Personen verbringt.

Berücksichtigt werden dabei Alter und Entwicklung des Kindes, Erziehungsfähigkeit der Eltern, Entfernung der Wohnorte der Eltern sowie das Umfeld des Kindes.

Wenn Eltern Kleinkrieg ums Kind führen

Einen Kleinkrieg ums Kind soll die so genannte Wohlverhaltensklausel in Paragraf 1684 Absatz 2 BGB verhindern. Sie verlangt von Mutter und Vater "alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert".

So soll ausgeschlossen werden, dass die Beziehung des Kindes zu einem Elternteil belastet wird. In der Praxis gestaltet sich das oft weniger vorbildlich. Am meisten gestritten werde über Dauer und Häufigkeit des Umgangs, vor allem bei kleinen Kindern bis zu drei oder vier Jahren, sagt Edith Schwab, Fachanwältin für Familienrecht, im Gespräch mit t-online.de.

Konflikte gebe es auch wegen Übernachtungen oder wenn ein neuer Partner im Leben des Umgangsberechtigten auftaucht.

Ein typisches Beispiel: Wenn der Vater am Wochenende die Kinder abholen will, ist die Mutter mit ihnen verreist. Wenn die Mutter das Treffen auf diese Weise bewusst verhindert hat, kann sich der Vater ans Jugendamt wenden. Es vermittelt zwischen den Eltern, damit vereinbarte Termine eingehalten werden. Darüber hinaus besteht die Option, beim Familiengericht eine Regelung zu beantragen. Das Gericht wird ebenfalls auf eine einvernehmliche Lösung abzielen, wenn nötig aber eine verbindliche Umgangsentscheidung treffen.

Eltern dürfen den Kontakt nicht verhindern

Wer solche gerichtlichen Regelungen platzen lasse, dem drohe eine Ordnungsstrafe bis zu 25.000 Euro und falls diese nicht erfüllt werde, sogar eine Haftstrafe, teilte das Justizministerium auf Nachfrage von t-online.de mit.

Sind alle vorherigen Ordnungsmittel fehlgeschlagen, kann sogar eine Tür zwangsweise geöffnet werden, wenn das Kind in der Wohnung eines Elternteils festgehalten wird. Weigert sich allerdings das Kind dann mitzukommen, darf es nicht gezwungen oder fortgetragen werden.

Entscheidend sei, ob ein Elternteil den Umgang "absichtlich und schuldhaft" verhindere, erklärt Familienrechtlerin Schwab. Die Spezialistin kennt Fälle, in denen Haftstrafen ausgesprochen wurden. Zum Beispiel bei einer jungen Mutter, die sich weigerte, ihren Säugling dem Vater zu übergeben, der für das Kind ein Fremder war. Nachdem die Frau ihrerseits einen Rechtsbeistand eingeschaltet habe, sei die Strafe jedoch aufgehoben worden, berichtet Edith Schwab.

Bei Unzuverlässigkeit droht Umgangsausschluss

Grundsätzlich gelte eine Kulanzfrist von etwa 15 Minuten, wenn Termine unentschuldigt nicht eingehalten werden, so die Expertin. Erscheine beispielsweise ein Vater mehr als eine Viertelstunde nach der vereinbarten Besuchszeit immer noch nicht, ohne sich gemeldet und seine Verspätung begründet zu haben, dürfe die Mutter mit dem Kind das Haus verlassen.

Wenn ein Vater das Kind stets später als abgesprochen zurückbringt oder nicht zu den festgelegten Terminen erscheint, kann die Mutter beim Familiengericht ein Ordnungsgeld beziehungsweise im Wiederholungsfall einen Umgangsausschluss beantragen.

Bei der Gestaltung der gemeinsamen Zeit hingegen genießen Umgangsberechtigte größere Freiräume. Die Gerichte neigten dazu, unterschiedliche Lebensgewohnheiten zu tolerieren – solange das Kind keinen Schaden nimmt, betont Schwab. Auf gesundheitliche Einschränkungen, beispielsweise wenn das Kind eine bestimmte Diät einhalten muss - muss der Ex-Partner jedoch unbedingt achten. Auch wenn das Spielen am Computer überhand nehme, könne eine Grenze erreicht sein.

Begleiteter Umgang entschärft schwierige Situationen

Wenn die Eltern-Kind-Treffen aus dem Ruder laufen, zum Beispiel weil das Kind Angst hat, kann das Jugendamt "begleiteten Umgang" anordnen. Kennt zum Beispiel ein Kleinkind den Vater noch nicht, kann zunächst eine Vertrauensperson beider Eltern bei den Treffen anwesend sein.

Ob der begleitete Umgang ausgeweitet, die Begleitperson ausgetauscht wird oder die Treffen zukünftig ohne Betreuung stattfinden, entscheidet ebenfalls das Familiengericht.

Umgangsausschluss als Notbremse bei Gefahr

Ist das körperliche oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, schränkt das Gericht den Kontakt zum Umgangsberechtigten ein oder schließt den Umgang aus. Dabei wird, soweit mit dem Schutz des Kindes vereinbar, auch dessen Wille berücksichtigt. Das besagt ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 1 BvR 1253/06).

Gründe für einen Umgangsstopp sind dem Justizministerium zufolge Gewalttätigkeit der umgangsberechtigten Person, Alkoholismus und andere Suchterkrankungen, psychische Erkrankungen sowie nachgewiesener sexueller Kindesmissbrauch.

Der Kontakt wird nur abgebrochen, um eine konkrete Gefahr abzuwenden. Die Familiengerichte prüften im Einzelfall, ob zum Schutz des Kindes ein begleiteter Umgang oder ein Umgangspfleger ausreicht, erläutert das Ministerium. Der Ausschluss gelte nur für die Dauer der Gefährdung, daher werde er entweder befristet oder aufgehoben, sobald die Situation nicht mehr problematisch sei.

Kinder sollten zu Kontakt ermutigt werden

Und was ist, wenn das Kind den umgangsberechtigten Menschen nicht sehen will? Das Umgangsrecht eines Elternteils entfalle nicht allein deshalb, weil das Kind den Kontakt ablehne, teilt das Justizministerium mit. Bei einer gerichtlichen Regelung seien der Wille des Kindes und das Interesse des Elternteils gegeneinander abzuwägen. Je älter das Kind sei, desto größeres Gewicht habe sein Wille. Jüngere Kinder sollen ermutigt werden, den Kontakt zum anderen Elternteil zu pflegen.

Im Übrigen können auch Kinder professionelle Hilfe bekommen - durch einen vom Gericht bestellten Verfahrensbeistand, der ihre Interessen vertritt.

Manche Väter lehnen es jedoch vehement ab, das bei der Ex-Partnerin lebende Kind zu treffen. In dem Fall hilft es selten, den Unwilligen vor Gericht zu zerren. Im Einzelfall sei zu prüfen, ob der Wunsch eines Kindes, einen Elternteil wenigstens kennenzulernen, gewichtiger sein könne als die Erfahrung, dass dieser von ihm nichts wissen wolle. So heißt es in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. (BVG, Az.: 1 BvR 1620/04).

Aufenthaltsbestimmungsrecht bei Umzug ins Ausland

Ärger entsteht zudem häufig, wenn die Mutter plant, mit Tochter oder Sohn ins Ausland umzusiedeln. Teilen sich die Eltern das Sorgerecht und damit das Aufenthaltsbestimmungsrecht, könne sich der Vater vor dem Familiengericht gegen den Umzug wehren, sagt Anwältin Schwab.

Die Eltern müssten dann den Aufenthaltsort des Kindes gemeinsam bestimmen und einen Kompromiss aushandeln. Möglich wäre etwa, dass das Kind zwei Mal im Jahr den Vater besuche und beide Elternteile die Kosten für je eine der Reisen übernähmen. In der übrigen Zeit könne etwa die Kommunikation per Skype den regelmäßigen Austausch über Landesgrenzen hinweg ermöglichen.

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Verfügt die Mutter über das alleinige Sorgerecht, kann der umgangsberechtigte Vater vor dem Familiengericht die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn beantragen – mit der Begründung, der Umzug erschwere regelmäßige Besuche und führe zu einer Entfremdung zwischen ihm und seinem Kind. Allerdings nehmen die Familienrichter in solchen Verfahren die individuelle Situation der Familie sehr genau unter die Lupe, um zu ermitteln, ob der Wegzug dem Kind wirklich schaden würde.

Kindesentziehung durch Umzug ins Ausland

Eltern, die durch den Umzug ins Ausland den Umgang des Ex-Partners mit dem Kind boykottieren wollen, hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss eine klare Abfuhr erteilt: Solches Verhalten stelle das Sorgerecht des betreffenden Elternteils in Frage (BGH, Az.: XII ZB 81/09).

Das Umgangsrecht gilt im Übrigen auch für im Ausland wohnende Väter, die eine Beziehung mit ihren Kindern in Deutschland aufbauen oder aufrechterhalten möchten. Das Bundesamt für Justiz bietet ihnen die Möglichkeit, sich an die Behörde zu wenden, wenn ihr Wohnsitz in einem Vertragsstaat des Haager Kindesentführungsübereinkommens oder des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens liegt. Das Amt leite dann vor dem zuständigen deutschen Gericht ein Umgangsverfahren ein.

Mediation ist eine Alternative zu Gerichtsverfahren

Die gute Nachricht ist: In 70 bis 80 Prozent fänden getrennte Eltern eine Lösung, ohne vor Gericht zu ziehen, sagt Edith Schwab. Uneinigen Eltern empfiehlt sie eine professionelle Mediation: ein offenes, vertrauliches Gespräch mit einem entsprechend geschulten Familienrechtler. Der Vorteil dabei: Die Situation der Familie wird ohne den Druck eines Gerichtsverfahrens beleuchtet. Vielen Betroffenen fällt es so leichter, die Sicht der Gegenseite zu akzeptieren und einen Kompromiss zu schließen.

Hier finden getrennte Eltern Tipps

Tipps für getrennte Mütter und Väter mit praxisnahen Beispielen für gelungene Umgangsregelungen und Lösungen in Streitfällen hält der "Wegweiser für den Umgang nach Trennung oder Scheidung" bereit. Er wurde 2015 komplett neu überarbeitet und kann für 3 Euro bestellt werden beim Kinderschutzbund, bei der Deutschen Liga für das Kind oder beim Verband alleinerziehender Väter und Mütter (VAMV).

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