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FC Bayern | Uli Hoeneß' Attacke auf Thomas Tuchel: Das steckt dahinter


Hoeneß-Knall bei den Bayern
Damit konnte er nicht rechnen


Aktualisiert am 28.04.2024Lesedauer: 5 Min.
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Thomas Tuchel (links) und Uli Hoeneß: Die beiden Bayern-Verantwortlichen haben sich wohl ausgesprochen.Vergrößern des Bildes
Thomas Tuchel (links) und Uli Hoeneß: Die beiden Bayern-Verantwortlichen haben sich wohl ausgesprochen. (Quelle: Revierfoto/imago-images-bilder)

Die Attacke von Hoeneß auf Tuchel kommt für Bayern zur Unzeit und löst Unverständnis aus. Ausgerechnet zwei große Kritiker unterstützen den Chefcoach.

Aus der Allianz Arena berichtet Julian Buhl

Dass die Generalprobe des FC Bayern für das Halbfinalhinspiel am Dienstag in der Champions League gegen Real Madrid nur eine Nebensache sein würde, war ohnehin klar. Dass der 2:1-Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt und mit ihm alles andere aber schon vor dem Anpfiff derart in den Hintergrund gedrängt werden würde, damit war nicht zu rechnen. Nachdem Bayerns scheidender Cheftrainer Thomas Tuchel im Sky-Interview vor dem Spiel auf die heftige Kritik reagiert hatte, die Bayerns Klubpatron Uli Hoeneß zuvor an ihm geübt hatte, war das allerdings unvermeidlich.

Nein, mit einer solchen persönlichen Attacke konnte Tuchel nun wirklich nicht rechnen. Sie traf ihn dermaßen hart, dass er gar nicht anders konnte, als genauso deutlich darauf zu reagieren.

"Da habe ich sehr wenig Verständnis für. Ich find's absolut haltlos, aber okay", sagte er also. "Das ist so weit an der Realität vorbei, dass ich eigentlich gar nicht darauf reagiert hätte, wenn es nicht von Uli Hoeneß gekommen wäre." Das Problem: Genau der hatte ihn aber mit seiner ganz persönlichen Attacke ins Visier genommen.

Wegen Hoeneß: Tuchel "in meiner Trainerehre verletzt"

Von einem Podiumsgespräch der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am Freitagnachmittag war er mit brisanten Vorwürfen Richtung Tuchel zitiert worden. "Wir möchten einen Trainer haben, der die einzelnen Spieler verbessert. Das ist auch der Vorwurf!", sagte Hoeneß. Mit Tuchel habe er privat zwar überhaupt kein Problem. Aber: "Er hat eine andere Einstellung!", so Hoeneß weiter. "Nicht, dass man den Pavlović verbessern kann, dass man den Davies verbessern kann. Sondern: Wenn's nicht weitergeht, dann kaufen wir!"

Hoeneß unterstellte dem Fußballlehrer also, keine Talente weiterentwickeln zu können und zu wollen. Das konnte Tuchel, unter dem sich der 19 Jahre alte Pavlović übrigens vom Nobody zum Nationalspieler entwickelt hat, freilich so nicht stehen lassen.

Er sei "in meiner Trainerehre verletzt, das kratzt mein tiefstes Verständnis als Trainer an. Denn wenn wir im Trainerteam etwas in den letzten 15 Jahren nachgewiesen haben", fuhr Tuchel fort, "dann, dass junge Spieler, vor allem aus der Akademie, immer einen Platz bei uns im Training haben und über Leistung immer einen Platz auf dem Platz haben. Das haben wir übrigens auch jetzt bewiesen."

Tuchel mit Plädoyer in eigener Sache

Tuchel verwies auf eine sehr lange Liste und zählte zahlreiche Beispiele bei allen seinen bisherigen Trainerstationen auf. Was mit den Bruchwegboys um Andre Schürrle, Lewis Holtby, Adam Szalai und Jan Kirchhoff damals begonnen habe, hätte sich in Dortmund mit Felix Paslack, Julian Weigl, Ousmane Dembélé und in Paris mit Stanley Nsoki, Christopher Nkunku, Moussa Diaby, Tanguy Niassou weiterentwickelt. Auch beim Champions-League-Sieg mit dem FC Chelsea sei die Akademie "eine tragende Säule" gewesen. Alles Beispiele, die zweifellos für Tuchel und seine Fähigkeiten, sehr wohl immer wieder junge Spieler zu entwickeln, sprechen.

Tuchel erwähnte auch, dass er erst in der vergangenen Woche den 18-jährigen Lovro Zvonarek beim 5:1 bei Union Berlin für seinen Trainingseifer belohnt habe. Das kroatische Talent wechselte er übrigens auch gegen Frankfurt wieder in der 81. Minute ein – mit den besten Grüßen an Uli Hoeneß, der auf der Tribüne saß.

Bei Tuchels Amtsantritt vor knapp einem Jahr hatte er Hoeneß noch persönlich versprochen, auf seinen FC Bayern gut aufpassen zu wollen. Der besuchte ihn zwischenzeitlich sogar äußerst öffentlichkeitswirksam auf dem Trainingsplatz und brachte ihm auch damit seine Wertschätzung zum Ausdruck. Kleinere Spitzen wie Hoeneß' öffentlichen Verweis auf Konrad Laimer als Reaktion auf Tuchels Wunsch nach einer Verpflichtung eines defensivstarken Mittelfeldspielers ("Holding Six") gestand der Coach dem Ehrenpräsidenten damals noch milde zu. Diese Zeiten sind nun aber endgültig vorbei.

Tuchel über Hoeneß: "Finde es absolut haltlos"

Die von Hoeneß angeprangerten vermeintlichen Negativ-Beispiele, "in diesem falschen Inhalt noch reinzubringen – kann ich nicht nachvollziehen. Da habe ich sehr wenig Verständnis für und finde es absolut haltlos", sagte Tuchel.

"Ich hätte auf diese Aussage überhaupt nicht reagiert, wenn sie nicht von unserem Boss, und vier Tage vor dem Real-Spiel gekommen wäre", so der 50-Jährige weiter. Aber genau das verleihe der Angelegenheit aber noch mal eine andere Note. Eine Aussprache mit Hoeneß wolle er nicht: "Wenn ich das auch noch herunterschlucken muss, dann schlucke ich das runter. Schwamm drüber. Ich habe schon zu viel darüber geredet."

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Das taten bei dem Thema des Tages, das sogar die brisante und nach wie vor ungeklärte Trainerfrage und das Werben um Ralf Rangnick überlagerte, freilich aber auch andere Protagonisten.

Bayerns Sportvorstand Max Eberl war darum bemüht, die Wogen zu glätten und äußerte sich erwartbar diplomatisch: "Das sind zwei Männer, die in ihrem Leben Großartiges geleistet haben. Da braucht man nichts machen, die werden sich zusammenraufen." Thomas Müller zitierte und imitierte Oliver Kahn und sagte zu der pikanten Angelegenheit: "Das ist mir scheißegal."

Ausgerechnet sie verteidigen Tuchel gegen Hoeneß

Unterstützung erhielt Tuchel aber ausgerechnet von zwei seiner größten Kritiker: dem Sky-Expertenduo Lothar Matthäus und Dietmar Hamann. "Einen Pavlović hat vor Tuchel keiner gekannt. Er hat jetzt 20 Spiele, wurde in die Nationalmannschaft einberufen", sagte Hamann. "Mich würde es sehr wundern, wenn Hoeneß nicht versucht, das klarzustellen oder sich zu entschuldigen", so der Ex-Bayern-Profi weiter: "Wenn das nicht kommt, weiß ich nicht, wie es in dem Verein weitergehen soll." So könne das nicht im Raum stehen bleiben.

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Auch Rekord-Nationalspieler Matthäus verstand die Aussagen von Hoeneß nicht. Und fand sie so kurz vor dem Duell mit Real Madrid völlig fehl am Platz. "Diese Schlagzeilen braucht keiner, und Thomas Tuchel ist zu Recht verärgert, um es förmlich auszudrücken", sagte Matthäus. "Ich wäre stinksauer, so etwas geht nicht."

Tuchel will es auch Hoeneß noch mal zeigen

Tuchel wollte das Thema nach der Partie aber nicht mehr weiter befeuern und dementsprechend auch nicht mehr groß darauf eingehen. "Es ist abgehakt. Er hat seins gesagt, ich habe bei Ihnen darauf reagiert. Jetzt ist Real Madrid", befand er und richtete den Blick schon bei seiner Pressekonferenz auf das Halbfinale gegen Real: "Der volle Fokus liegt jetzt auf Dienstag. Es stehen zehn unglaublich wichtige Tage an. Es gibt keinen schlechteren Zeitpunkt für Nebenschauplätze." Kein anderer sollte das eigentlich besser wissen als Hoeneß.

Wenn der 72-Jährige von den ohnehin bestehenden Brennpunkten beim FC Bayern ablenken wollte, ist ihm das – wie so oft schon in der Vergangenheit – mal wieder eindrucksvoll gelungen. Allerdings scheint ihm sein Gespür für den richtigen Anlass und Moment solcher Attacken mittlerweile abhandengekommen zu sein.

Mit einem Erfolg gegen Real Madrid und dem möglichen Einzug ins Finale der Champions League will es Tuchel nun noch mal allen Kritikern zeigen. Spätestens seit Freitag gehört da auch Hoeneß explizit dazu.

Verwendete Quellen
  • Als Reporter vor Ort in der Allianz Arena
  • Aussagen von Thomas Tuchel bei Sky und der Pressekonferenz
  • Mixed-Zone-Gespräch mit Max Eberl
  • Aussagen von Dietmar Hamann und Lothar Matthäus bei Sky
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