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Übergewicht bei Kindern: Werden unsere Babys immer dicker?


Übergewicht bei Kindern
Werden unsere Babys immer dicker?

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 15.07.2013Lesedauer: 6 Min.
Wieviel Babyspeck gilt noch als normal?Vergrößern des BildesWieviel Babyspeck gilt noch als normal? (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Über sieben Kilo brachte Anfang des Jahres ein chinesisches Neugeborenes auf die Waage. Der erste Gedanke bei so einem Brummer ist immer der an einen Schwangerschaftsdiabetes. Doch die Schwangerschaft verlief unauffällig und die Eltern des kleinen Chun Chun sind genauso gesund wie er. Glaubt man dem Guiness-Buch der Rekorde, dann ist der kleine Chinese regelrecht ein Leichtgewicht im Gegensatz zu einem Baby, das bereits im Jahr 1879 im US-Staat Ohio geboren wurde und das über zwanzig Pfund gewogen haben soll. Zehn Kilo hat seitdem keiner mehr geschafft, aber der Trend geht tatsächlich zu größeren und schwereren Babys.

Fersenblut des Neugeborenen soll Auskunft geben

Eleonores erstes Kind wog knapp über 3000 Gramm. Das Zweite, ein Jahr später, ein gutes Kilo mehr: "Die Kleine sah aus, als wäre sie schon ein paar Wochen auf der Welt. Das fand ich schon verwirrend und einer meiner ersten Gedanken war: Oh Gott, was für ein Riesenbaby." Die neugeborene Nürnbergerin war aber nicht nur schwer, sie war mit stattlichen 56 cm auch länger als ein Durchschnittsbaby. "Das allerdings hat die in der Klinik gar nicht interessiert. Sie wog genau 4000 Gramm, also wurde uns empfohlen, ein paar Tage dazubleiben und entsprechende Tests machen zu lassen. Bei so einer Empfehlung wird man natürlich als Mutter unruhig und macht sich Sorgen, egal, was die innere Stimme sagt." Alle vier Stunden wurde also der Blutzucker kontrolliert, per Blutentnahme aus der Ferse. Dieser Diabetestest wird bei allen Babys ab vier Kilo Geburtsgewicht empfohlen.

Gewicht in Relation zur Größe sehen

Ulrich Gembruch, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, bestätigt auf Anfrage von eltern.t-online.de, dass ein langes Kind mit 4000 Gramm weniger Fett hat. "Und auch ein geringeres Risiko bezüglich eines unerkannten mütterlichen Diabetes beziehungsweise einer Hypoglykämie (Anmerkung der Redaktion: Unterzucker) als ein kleineres Kind mit gleichem Gewicht. Allerdings würde es die Sache sehr komplizieren, wenn man dies alles berechnen würde. Zumal auch die Längenmessung des Neugeborenen oft Fehlern unterliegt. Daher die fixe Gewichtsgrenze."

Nicht nur die deutschen Babys werden immer schwerer

In Deutschland bringen inzwischen acht bis zehn Prozent aller Neugeborenen mehr als 4000 Gramm auf die Waage. Eine Tendenz, die auch in anderen Ländern zu beobachten ist. Hauptgrund ist nach Ansicht von Medizinern nicht nur die bessere Versorgung werdender Mütter, sondern auch die Tatsache, dass diese immer älter und dicker werden. Jede vierte Schwangere hat heutzutage Übergewicht. So manche von ihnen hat sich den alten Satz "Sie muss jetzt für zwei essen" ein bisschen zu sehr zu Herzen genommen. Dabei entspricht "doppelt so gut statt doppelt so viel" den heutigen Ernährungserkenntnissen. Wichtiger als das Zünglein an der Waage ist aber der Verlauf der Zunahme während einer Schwangerschaft. Vor allem plötzliche Schübe von mehreren Kilos deuten darauf hin, dass etwas nicht stimmt.

Krankenkassen zahlen seit Kurzem Test auf Schwangerschaftsdiabetes

Viele Frauen mit Übergewicht - aber nicht nur diese - leiden unter einem Gestations- oder Schwangerschaftsdiabetes, der nicht selten schuld ist an einer Übergröße des Neugeborenen. Seit März 2012 übernehmen die Krankenkassen die Kosten für einen Test. Wird ein Schwangerschaftsdiabetes, der sich gut zu verstecken weiß, nämlich früh genug erkannt, ist es oft sogar noch möglich, mit einer veränderten Ernährung gegenzusteuern. Wird er allerdings nicht behandelt, liegt das Übergewichtsrisiko der Kleinen einer Studie der American Diabetes Association zufolge um 85 Prozent höher als bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft. Auch das Fehlbildungs- und Frühgeburtsrisiko sind erhöht.

Probleme bei der Geburt

Sehr vereinfacht gesagt enthält bei einem Schwangerschaftsdiabetes das Blut der Frau zu viel Zucker, der direkt an das Baby weitergegeben wird. Der Fötus speichert den Zucker, was unter anderem zu einem überproportionierten Wachstum vor allem von insulinempflindlichem Gewebe wie dem Rumpf- und Schulterbereich führt. Das erzeugt bereits bei der Geburt Probleme. Als besonders gefährlich gilt in diesem Zusammenhang die sogenannte Schulterdystokie, bei der der Kopf zwar bereits geboren ist, die Schulter sich aber verkantet. Gembruch über die Risiken: "Die Sauerstoffversorgung des Babys über die Nabelschnur ist eingeschränkt. Eine rasche, regelmäßig zu trainierende Abfolge von Maßnahmen und Handgriffen ist dann erforderlich, das Baby zu entbinden. Und auch wenn ein Sauerstoffmangelschaden meist verhindert werden kann, kann es zu Nervenschädigungen im Hals-Arm-Bereich kommen."

Kaiserschnitt ja oder nein?

Gembruch, Leiter der Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin am Universitätsklinikum Bonn, rät bei einem Schätzgewicht von über 4500 Gramm zu einem Kaiserschnitt. "Insbesondere bei Frauen mit Diabetes, denn hier sind die Schultern im Verhältnis zum Kopf aufgrund der dort abgelagerten Fettpolster breiter."

Mit dem Rat, einen Kaiserschnitt durchzuführen, möchte man mögliche Komplikationen bei der Geburt vermeiden. Oft wird auch darauf hingewiesen, dass sich schwerere Babys vehementer ihren Weg bahnen und Geburtsverletzungen dabei nicht ausgeschlossen seien. Fragt man Hebammen, so bekommt man meist den Rat, sich nicht gleich zu einem Kaiserschnitt überreden zu lassen, sondern es erst einmal mit einer natürlichen Geburt zu versuchen. Allerdings vorsichtshalber in einer Klinik.

Das "gesunde" Geburtsgewicht wird vererbt

Das von Gembruch angesprochene Schätzgewicht wird per Ultraschall ermittelt. "Alle Frauenärzte, die Schwangere betreuen, können eine sonographische Gewichtsschätzung durchführen. Die Schwankungsbreite liegt bei korrekter Messung in einem Bereich von plus/minus zehn Prozent des wahren Gewichts."

Das Geburtsgewicht an sich steckt übrigens in den Genen, und zwar in denen der Mutter. Dass eine besonders zierliche Frau ein besonders großes und schweres Kind bekommt, ist eher selten - kommt aber vor.

Ein Baby braucht Babyspeck

Krankheiten ausgeschlossen, kann man grundsätzlich sagen, dass ein bisschen Babyspeck an einem Wonneproppen im Sinne der Natur ist. Der Speck hält warm, schützt den kleinen Körper bei den ersten Bewegungsversuchen und vor allem sorgt er dafür, dass ein Baby bei einer Krankheit noch genug Energie hat. Auch dann, wenn der Appetit mal ein paar Tage deutlich geringer ausfällt. Der Anteil des Babyspecks am Gesamtgewicht wächst im ersten Lebenshalbjahr von elf auf fünfundzwanzig Prozent. Spätestens, wenn das Kind zu laufen beginnt, verschwinden die Röllchen wieder von ganz alleine.

Stillkinder haben besseres Fett

Die Gewichtszunahme eines Säuglings erfolgt nicht nach Lehrbuch, sondern meist in Schüben. Der Kinderarzt kontrolliert bei den Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig die Entwicklung des Gewichts in Bezug auf die Körpergröße. Man muss das Kind also auch nicht außer der Reihe wiegen. "Ich würde mir zunächst anschauen, warum das Kind so dick ist. Ist es gestillt, würde ich mir keine Sorgen machen, da die Fettqualität gestillter Kinder von den mit Kuhmilch ernährten abweicht und das Fett viel schneller mobilisierbar ist", erklärt Doktor Ulrich Fegeler vom Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte. Gestillte Kinder nehmen nachweislich langsamer zu als Kinder, die mit Flaschennahrung ernährt werden. Diese langsamere Gewichtszunahme, so die Ergebnisse einer europäischen Studie im Rahmen des von der EU finanzierten Langzeit-Forschungsprojektes EARNEST (Early Nutrition Programming Project), ist einer der Gründe, warum gestillte Kinder später deutlich weniger zu Übergewicht neigen.

Auf die kalorienreiche Folgemilch kann man verzichten

Schwieriger ist es für Eltern, die ihr Kind mit der Flasche ernähren. Ist das Baby dann zu dick, muss man genauer hinsehen. Wird ein Säugling nämlich nicht nach seinem eigentlichen Bedarf, sondern immer dann gefüttert, wenn er aus irgendeinem Grund quengelt, dann kann die oft hochkalorische Nahrung durchaus zu einem ungesunden Übergewicht führen. Zusätzlich wird auf diese Weise schon im ersten Jahr das Gehirn auf Bedürfnisbefriedigung durch Essen programmiert. Doch nicht nur ein zu häufiges Füttern, auch der Proteingehalt in Anfangs- und Folgemilch scheint eine Rolle zu spielen. Experten vom Universitätsklinikum Köln vermuten sogar, dass Kinder, die in ihren ersten Lebensmonaten mit eiweißreicher Flaschennahrung gefüttert werden, ein 30 Prozent höheres Risiko haben, an Übergewicht zu erkranken. Als Alternative bietet sich die sogenannte Prenahrung an, die der Muttermilch am ähnlichsten sein soll. Man kann sie im gesamten ersten Lebensjahr füttern, und zwar genau wie beim Stillen, nach Bedarf.

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Babys nicht auf Diät setzen

Krankhaft zu dick sind die wenigsten Babys. Man sollte sich also auch von seiner Umwelt nicht verrückt machen lassen, wenn das Baby gerade mal besonders rund ist. Wahrscheinlich bereitet es sich nur auf einen Entwicklungssprung vor. Ein Baby auf Diät zu setzen, wäre fatal. Denn es verlöre nicht nur sein natürliches Gefühl für Hunger und Sättigung, sondern auch das Vertrauen in die Welt an sich. Sofortige Bedürfnisbefriedigung ist ganz wichtig, damit ein Neugeborenes Urvertrauen fassen kann. Sollte man wirklich unsicher sein, ob das Baby vielleicht doch zu moppelig ist, dann ist es besser, sich eine zweite professionelle Meinung zu holen. Neben den Kinderärzten sind auch Hebammen durch ihre Erfahrung mit Babys wichtige Ansprechpartner.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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