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Wenn Großeltern sich ständig in die Erziehung einmischen


Was tun?
Wenn Großeltern sich ständig in die Erziehung einmischen


Aktualisiert am 22.07.2022Lesedauer: 6 Min.
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Mutter, Kind und Großmutter: Wenn sich Oma oder Opa in die Erziehung der Kinder einmischt, kommt es häufig zu Konflikten.Vergrößern des Bildes
Mutter, Kind und Großmutter: Wenn sich Oma oder Opa in die Erziehung der Kinder einmischt, kommt es häufig zu Konflikten. (Quelle: JackF/getty-images-bilder)

Oma und Opa meinen es nur gut. Aber manchmal übertreiben sie es mit Erziehungsratschlägen für die Kinder. Wie können Eltern darauf reagieren?

Mal heißt es von Oma und Opa "Du verwöhnst deine Kinder zu viel", ein anderes Mal "Du bist zu streng". Klassiker sind auch "Es ist nicht sauber genug" oder im anderen Extrem "Es ist zu hygienisch". "Es gibt, glaube ich, kein Thema in der Erziehung, über das sich Eltern und Großeltern nicht streiten können", sagt Ulric Ritzer-Sachs von der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung.

Gut gemeint bedeutet nicht, dass es gut ist

Solche Sätze sind nicht böse gemeint, im Gegenteil. In der Regel wollen Oma und Opa nur helfen und ihr eigenes Wissen – sie haben schließlich bereits mindestens ein Kind großgezogen – weitergeben. "Ich glaube, die allermeisten Großeltern denken: 'Ich helfe meinen Kindern weiter, sodass sie nicht den gleichen Fehler wie ich machen.'"

Das sei gut gemeint, aber meist das Gegenteil von gut gemacht, so der Erziehungsexperte. Denn statt der Hinweise komme bei den Eltern oft die Botschaft an: "Ich bin ein besserer Papa oder eine bessere Mama, als du es bist."

Manchmal steckt mehr dahinter: ungelöste Konflikte

Wie ein Hinweis verstanden wird, hängt auch davon ab, wie die Beziehung der Eltern zu ihren eigenen Eltern im Allgemeinen beschaffen ist, sagt Ute Michaelis, Diplom-Psychologin aus Köln. Streit ergebe sich oft, weil zwischen den beiden Generationen noch ungelöste Konflikte existieren. Das Elternsein führe mitunter dazu, dass alte Themen wieder hochkommen. Dann heißt es schnell: "Du hast mir damals schon immer gesagt, ich mache dieses und jenes falsch."

In solchen Fällen sei es nur der verbesserungswürdigen Beziehung geschuldet, dass sich an dem Erziehungsthema aufgehangen wird, so Michaelis. "Und schon haben wir einen Konflikt, der eigentlich auf eine ganz andere Bühne gehört", so die Expertin für Kommunikationsfähigkeit und -psychologie.

Zu den ungeklärten Konflikten kommt häufig hinzu, dass sich Neu-Eltern in ihrer Rolle erst einmal finden müssen. Sie sind vielen Nöten und Unsicherheiten ausgesetzt. Dem gegenüber stehen die Großeltern, die ihre Großelternschaft oft als zweite Chance begreifen. "Am Enkelkind kann vielleicht etwas gut gemacht werden oder Dinge können nachgeholt werden", sagt Michaelis. Als Oma oder Opa ist man schließlich in einer ganz anderen Lebensphase – mit mehr Lebenserfahrung, oft nicht mehr beruflich eingebunden, reifer und gelassener.

"Großeltern haben viel mehr Freizeit und suchen vielleicht noch einmal nach einem neuen Sinn im Leben. Und dann ist ein Enkelkind natürlich etwas ganz, ganz Tolles", so Michaelis. "Jemand, der sehr geliebt und verwöhnt werden kann."

Großeltern wollen Rat geben

Familie ist ein Ort, an dem wir uns wichtig nehmen als Meinungsgeber. Oft sieht sich die Oma (oder auch der Opa) in der ratgebenden Funktion und kann sich nicht zurückhalten. "Sie muss sich erst einmal daran gewöhnen, dass sie in der zweiten Reihe steht."

Wenn Großeltern sich in die Erziehung einmischen: Tipps für Eltern

Wie können Eltern und Großeltern Konflikte vermeiden? Ritzer-Sachs von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung rät Eltern, nicht gleich auf Ratschläge der eigenen Eltern abweisend zu reagieren – sondern erst einmal darüber nachzudenken, ob nicht vielleicht doch etwas dran sein könnte. "Das ist echt schwer", ist dem Experten bewusst.

Die Eltern fallen wieder in eine Kinderrolle zurück, obwohl sie schon erwachsen sind. Ihre Eltern kritisieren schon wieder – wie früher in der eigenen Kindheit. In solchen Momenten werde häufig nicht geprüft, ob die Sorgen vielleicht berechtigt sind. "Eltern sind so in ihrem Trott drin, dass eine Änderung auch mal gut tun könnte."

Auf der anderen Seite können Eltern auch äußern, wenn es ihnen reicht. Ute Michaelis ermutigt dazu, ehrlich die eigenen Gefühle mitzuteilen. Zum Beispiel folgendermaßen: "Mama, könntest du das bitte anders formulieren? Ich bekomme das Gefühl, dass ich das nicht gut mache." Dabei sind Ich-Botschaften am sinnvollsten. Im Gespräch sollten Eltern die positiven Aspekte in der Beziehung zu den Großeltern betonen. Aber gleichzeitig klar sagen, dass sie gewisse Dinge selber machen möchten: "Ich kann das selber entscheiden. Ich bin jetzt die Mutter / der Vater und nicht mehr du."

Dieses Gespräch sollte, wenn nötig, immer wieder geführt werden, bis der Konflikt gelöst ist. "Natürlich ist das schwierig. Eltern sind häufig abhängig von Großeltern in Bezug auf Babysitten oder ähnliches. Das macht es noch einmal schwerer, sich abzugrenzen", so die Expertin. "Aber aus Dankbarkeit Dinge länger auszuhalten, die man eigentlich nicht aushalten möchte, macht keinen Sinn. Das fliegt einem irgendwann um die Ohren – zum Beispiel in der Form, dass man vor den Kindern schlecht über die Oma redet."

Wenn Großeltern sich permanent extrem einmischen, können Eltern sich Hilfe zur Abgrenzung holen, zum Beispiel von einer Freundin oder einem Psychotherapeuten. "Juristisch und moralisch ist klar: Die Eltern sind diejenigen, die die Erziehungskompetenz haben und auch ausüben sollten."

Bei den Großeltern dürfen die Kinder alles, was zuhause verboten ist?

Lange aufbleiben, zu viel Fernsehen und jede Menge Eiscreme – oft dürfen Kinder bei den Großeltern Dinge, die zuhause verboten oder nur in Maßen erlaubt sind. Auch das ist in gewisser Weise ein Einmischen.

Aber: Dabei kommt es darauf an, ob Großeltern eine Erziehungsfunktion übernehmen, also die tägliche Versorgung mit übernehmen, oder ob sie einfach nur Großeltern sind. Im ersten Fall müssen Eltern klar sagen, was ein No-Go in der Erziehung ist. "Dann muss eine Einigung gefunden werden", sagt Ritzer-Sachs. "Sonst müssen Eltern in den sauren Apfel beißen und sich eine andere Betreuung suchen."

Im zweiten Fall sieht die Sache hingegen ganz anders aus. "Was soll schief gehen, wenn das Kind zum Beispiel alle 14 Tage mit Süßigkeiten vollgestopft wird? Was soll da schon passieren außer Bauchweh? Das ist zwar blöd und nervt, aber das ist echt nicht so schlimm", sagt der Erziehungsexperte. "Dann werden die Enkel halt mal verwöhnt."

Erziehungskonflikte lösen: Tipps für Großeltern

Großeltern hingegen empfiehlt Michaelis, vor einem Ratschlag erst einmal abzuklären, ob dieser überhaupt erwünscht ist. "Darf ich dir mal etwas dazu sagen oder möchtest du das nicht?", können sie zum Beispiel fragen. Dann müssten Oma und Opa es aber auch akzeptieren, wenn das Kind nichts hören möchte. "Wenn Großeltern sich dem stellen wollen, können sie zudem fragen: 'Gibt es etwas, was du in deiner Erziehung doof fandest, was dir nicht gefallen hat?' So zeigen sie, dass sie ihr Kind ernst nehmen."

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Auch Großeltern profitieren vom Kinderhüten

Das Verhältnis der Eltern und Großeltern kann sich durch Enkel verbessern beziehungsweise noch schöner werden. Beide Parteien kommen sich durch den Nachwuchs meist näher.

Dietrich von Horn, vierfacher Großvater, der von seinem Glück, Enkelkinder zu haben, in dem Buch "Oma, Opa, kann ich ein Eis?!" erzählt, beschreibt das so: "Das Verhältnis zu den Kindern hat sich zu einer kameradschaftlichen und gleichberechtigten Form verändert. Die Kinder sind erwachsen geworden. Das ist ein schönes Gefühl, sie dabei zu beobachten, wie sie ihr Leben meistern und wie sie sich verantwortungs- und vor allem liebevoll der Erziehung ihrer Kinder widmen."

Großvater von Horn hält sich eigenen Angaben zufolge in Erziehungsfragen eher zurück. Er und seine Kinder hätten aber auch kaum unterschiedliche Auffassungen in der Erziehung. "Habe ich wirklich mal eine andere Einstellung zu bestimmten Erziehungsfragen, werde ich meine Meinung dazu für mich behalten. Es sei denn, ich werde aufgefordert, etwas dazu zu sagen. Dann gebe ich aber deutlich zu verstehen, dass das meine Meinung ist, die ich nicht fordernd in den Raum stelle."

Letztendlich ist es ein Geben und Nehmen; eine Beziehung von der beide Seiten profitieren. "Wenn ich meinen Kindern die Betreuung der Kinder abnehme, dann sollen sie auch wissen, dass sie sich auf mich verlassen können. Ich bin dann ganz für sie da", sagt Großvater von Horn.

"Das ist übrigens eine ganz egoistische Verhaltensweise, denn in dem Moment, wo ich mich auf die Enkel einlasse, tauche ich auch in ihre Welt ein, darf wieder Kind sein, kann albern, ausgelassen, traurig, fröhlich und was weiß ich denn sein. Und keiner der Außenstehenden wird sich über die Verhaltensweise des merkwürdigen Alten wundern."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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